Wolfgang Bosbach wirbt für Demokratie

Ehemaliger Innen- und Rechtspolitiker mit Vortrag in Pfinztal
„Bei Corona kommt es auf jeden Einzelnen an“           

Mit einer „Tour d’Horizon“, einem umfassenden Überblick über die augenblickliche politische und gesellschaftliche Landschaft in Deutschland, der im ersten Teil unter dem Arbeitstitel „Corona und die Folgen für Wirtschaft, Staat und Gesellschaft“ stand, folgte der ehemalige bekannte Bundespolitiker Wolfgang Bosbach der Einladung der CDU-Landtagsabgeordneten und Kandidatin für die nächste Landtagswahl für den Wahlkreis Ettlingen, Christine Neumann-Martin, und der CDU Pfinztal um den Vorsitzenden Frank Hörter nach Pfinztal-Söllingen. Mit der Corona-Pandemie geschuldeten streng umgesetzten Hygiene- und Abstandsvorschriften fanden die rund 100 Zuhörer in der Räuchlehalle sichere Veranstaltungsbedingungen vor. „Wir dürfen die sozialen Kontakte gerade in der schwierigen Zeit nicht verkümmern lassen“, gab Neumann-Martin in ihren einleitenden Worten als Begründung für die Veranstaltung. Sie stellte die Vita des früheren Innen- und Rechtspolitikers aus Bergisch Gladbach vor – 20 Jahre stets direkt in den Bundestag gewählt, 10 Jahre stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion der Union, sechs Jahre Vorsitzender des Bundestagsinnenausschusses – und betonte, dass Bosbach heute auch noch außerhalb der Politik gefragt sei. „Sein Wort hat noch starkes Gewicht“.

In seinem über einstündigen Vortrag bei durchgängig freier Rede war der Vollblutpolitiker – „Ich bin seit 48 Jahren politisch unterwegs“ – in seinem Element. Er überzeugte das beifallfreudige Publikum mit gewohnter Eloquenz, kompetentem Fachwissen und klarer, verständlicher Sprache oder, wie sich F.Hörter in seinem Schlusswort ausdrückte, der Fähigkeit, komplizierte Sachverhalte in prägnanten Sätzen zu formulieren. „Mehr Bosbach würde der deutschen Politik guttun“, so Hörter. Die Werbung für die Demokratie („Das beste Deutschland, das es je gab“) wählte Bosbach zum Auftakt, bedauerte aber, dass unter den 30 Prozent an der Politik Interessierten nicht einmal zwei Prozent Mitglied einer Partei seien. Corona, „die Herausforderung für Staat und Gesellschaft“, sei nicht so überraschend gekommen. Man habe eine Pandemie in Planspielen bereits vor Jahren simuliert. Eine Lehre aus den jetzigen Erfahrungen müsse sein, dass wir in der Herstellung und Bevorratung im medizinisch-technischen Bereich autark werden müssen. Er plädierte für maßgeschneiderte staatliche Hilfen für die sehr unterschiedlich betroffenen Branchen. Es gelte immer zu klären, ob Maßnahmen notwendig („Beherbungsverbot ist es nicht“) und verhältnismäßig sind. Im Vergleich mit den Nachbarländern habe Deutschland das Allermeiste richtig gemacht. Auf den privaten Bereich als Ursachenquelle eingehend, betonte er, es komme auf jeden Einzelnen an, sonst würden staatliche Vorgaben ins Leere laufen. Es könne hier regional-lokal entschieden werden; Maßstäbe müssten aber trotz der Zuständigkeitskompetenz der Länder bundeseinheitlich sein. Auch Bosbach äußerte den Wunsch für die Zukunft: „Ich will mein altes Leben wieder haben“. Mit Vorsicht und Optimismus sollten wir in die Zukunft gehen.

Im zweiten Teil ging Bosbach auf das derzeitige Erscheinungsbild seiner Partei ein. Sich mit den wirklich wichtigen Fragen der Zeit zu befassen, sei bedeutsamer als das permanente Beschäftigen mit der Vorsitzfrage. Klärende Worte fand Bosbach auch für den Zusammenhang von wirtschaftlicher und sozialer Leistungsfähigkeit, der Energiepolitik, dem Wandel von der Industrie- zur Wissensgesellschaft und der Rolle der Bildung, des wertvollen Parts der Pflegeberufe und der Polizei und der Ablehnung von gemeinsamer Sache mit Parteien von rechts und links außen. Mit der Feststellung „Es ist immer noch ein Glück, in Deutschland geboren zu sein und hier leben zu dürfen“ schloss der Referent seine Ausführungen.

Text und Fotos: Karl-Heinz Wenz

Veröffentlicht in den BNN am 28.10.20

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